10 - Literatur und Theodizee: Samuel Johnson versus Soame Jenyns [ID:231]
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Gott angesichts des Bösen, gleichsam, dieses ein Zitat von Kant, gleichsam vor dem Gerichtshof

der Vernunft in der Welt zu entschuldigen und zu rechtfertigen, ist das Anliegen der

Theodizie. Die Aufgabe abstrakte Theodizie ikonografisch als Emblem, als Allegorie,

als strukturierte Narration aufzuarbeiten und formal zu inszenieren, übernimmt

seit jeher die Literatur. Die Parallelen zwischen Theodizie und Literatur liegen

auf der Hand. Das Wort Gottes und das Wort des Dichters werden in eins gesetzt.

Die Strukturverwandtschaft des Schöpfergottes der Welt wird analog für

die des Alter Deus des Sprachkunstwerkes ersichtlich. Der universalen Metapher des

Libanature, also des Buches der Natur, steht das Buch des menschlichen Schöpfers

an der Seite und die Soteriologie, also die christliche Heilslehre, findet nicht

selten in der Plotgestaltung und der Konzeption der sogenannten poetischen

Gerechtigkeit irdischer Autoren eine Entsprechung. Textstruktur garantiert

Sinnhaftigkeit. Aus dem wohlproportionierten Aufbau des Textes kann

auf einen dahinter wirkenden Geist irdischer oder göttlicher Provenienz

geschlossen werden. Sinnentwurf und Planhaftigkeit werden als

Gegenkonzept zur Koinzidenz und zur Kontingenz instrumentalisiert.

Naturbetrachtung und Philologie initiieren Indizienprozesse aus denen die

theologischen und philosophischen Advokaten Gottes ein Gottesbeweis

rekonstruieren. Literatur und Theodizee, dieses Verhältnis kann zumindest für

einige Epochen der Literaturgeschichte zur These von der Literatur als Theodizee

umgedeutet werden. Diese besondere Funktion der Literatur als Gottesbeweis

wird gelegentlich auch als poetische Theodizee bezeichnet. Das ausgerechnet

das 18. Jahrhundert den Diskurs über die Theodizee kultivierte, wird durch die

revolutionären Entwicklungen in der Wissenschaftsgeschichte und

Philosophiegeschichte des unmittelbar vorausgehenden der Epoche erklärbar,

nämlich der Aufklärung. Vor allem Erkenntnisse auf dem Gebiet der

Astronomie hatten im 17. Jahrhundert traditionelle Sichtweisen des Kosmos

kollabieren lassen. Die Stellung des Menschen innerhalb des Universums und die

Rolle Gottes verlangt nach einer neuen Bestimmung. In diese paradoxe Situation

geprägt von aufgeklärten, rational ausgerichteten modernen Denken, dass sich

den Lehren eines René Descartes, Jean Locke und David Hume verpflichtet fühlt und

einer im Glauben an antike verharrende Sichtweise, die dem historischen Paradigma

des Linearen verfalls huldigt, ist auch der exemplarische Streit anzusiedeln, von

denen ich Ihnen heute berichten möchte. Somn Genens, a free inquiry into the

origin and nature of evil. Genens Schrift und Johnsons Rezension dieser

Schrift markieren präzise die beiden in der Zeit vorfindbaren polarisierten

Positionen zur Frage der Rechtfertigung des Übels in der Welt. Somn Genens ist

heute überhaupt nur noch wegen seiner Auseinandersetzung mit Johnson in der

Literaturgeschichte bekannt. Er wurde 1704 als Sohn eines Gutsbesitzers in der

Nähe von Botticham in Cambridgeshire geboren. Nach einem Universitätsstudium ohne

Abschluss erbte Genens 1740 das Gut seines Vaters und begann kurz darauf eine

Karriere als Politiker und Protégé von Lord Chancellor Hardwick. Genens nunmehr

ein wohlhabender Mann, wirkte als Parlamentsmitglied und wurde 1755 zum

Lord Commissioner of Trade and Plantations ernannt. Nach dem Ende seiner

politischen Karriere zog er sich zurück und widmete sich ganz sein literarischen

Interessen. Aus der Zeit sind eigentlich nur zwei

Gedichte noch bekannt, The Modern Fine Lady und The Modern Fine Gentlemen, die

beide satirischen Charakter haben. Die jokoserische Ausrichtung seiner lyrischen

Werke, damit es also gemeint einmal humorvoll, andererseits seriös, führte

dazu, dass die Inquiry zum Zeitpunkt ihres Erscheinens 1757 für Verwirrung

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Rudolf Freiburg Prof. Dr. Rudolf Freiburg

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:27:25 Min

Aufnahmedatum

2002-07-04

Hochgeladen am

2017-07-04 16:09:02

Sprache

de-DE

Tags

Literatur Theodizee Collegium Alexandrinum Johnson Jenyns Freiburg
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